Praxisübergabe und -auflösung: Rechtliche Grundlagen für einen reibungslosen Prozess

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Die Übergabe oder Auflösung einer (Zahn-)Arztpraxis ist ein bedeutender Schritt, der rechtliche und organisatorische Herausforderungen mit sich bringt. Zahlreiche Verträge, Zulassungsfragen und Datenschutzaspekte können den Prozess erschweren. Eine präzise Planung ist daher unerlässlich, um den Übergabe- oder Auflösungsprozess reibungslos zu gestalten. In diesem Artikel werden die wesentlichen Schritte und häufige Fallstricke beleuchtet, die Sie bei der Praxisübernahme und -auflösung beachten sollten.

Rechtliche Sicherheit bei Ihrem Praxisübergang

Ein Praxisübergang bringt viele rechtliche Fragen rund um Ihre Praxisräume mit sich. Vermeiden Sie teure Fehler und sorgen Sie für eine lückenlose Absicherung Ihrer Verträge und Mietverhältnisse. Unsere Experten unterstützen Sie mit einer individuellen Rechtsberatung, um Ihren Übergang reibungslos zu gestalten.

I. Praxisübernahme

Der Erfolg einer Praxisübernahme hängt maßgeblich von einer gründlichen Informationssammlung und rechtzeitigen Vorbereitung ab.

1. Einigung über den Kaufpreis

Zentraler erster Schritt der Praxisübernahme ist die Einigung über den Praxiswert, der den Kaufpreis bestimmt. Dieser setzt sich aus dem materiellen Wert (Substanzwert) und dem ideellen Wert (Goodwill) zusammen. Der materielle Wert umfasst den Marktwert der Räumlichkeiten sowie das Inventar der Praxis. Der ideelle Wert hingegen bezieht Faktoren wie Standort, Patientenstamm und
Praxisimage ein.

Für den Käufer ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich einen detaillierten Überblick über die wirtschaftliche Lage der Praxis zu verschaffen. Hierzu gehört die Einsichtnahme in wesentliche Dokumente, wie Jahresabschlüsse und Quartalsabrechnungen der letzten Jahre, um den potenziellen Ertragswert der Praxis zu ermitteln. Da es keine standardisierte Berechnungsmethode zur Praxiswertermittlung gibt, kann insbesondere die Bewertung des ideellen Werts bereits zu Beginn des Prozesses zu komplexen Herausforderungen führen. In solchen Fällen ist eine rechtliche Beratung durch spezialisierte Anwälte von großer Bedeutung. Sie sind mit den Bewertungsmethoden vertraut und können dabei helfen, den Wert korrekt zu bestimmen und potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen.

2. Vertragsgestaltung und Übernahme von Verträgen

Nach der Einigung über den Kaufpreis gilt es, weitere Vertragsdetails zu klären. Dabei sind insbesondere die (zahn)ärztlichen Besonderheiten zu berücksichtigen.

Zentrale Punkte im Rahmen des Kaufvertrags sind eine Vereinbarung zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht sowie eine gesonderte Vereinbarung zur ordnungsgemäßen  Dokumentenaufbewahrung gemäß den Anforderungen der DSGVO, da der Patientenstamm im Rahmen des Kaufes mitübergeht. Sollte der Praxisinhaber weiterhin in der Region tätig sein, ist auch an eine Konkurrenzschutzklausel zu denken, um Patientenabwanderungen zu verhindern und den Wert der Praxis langfristig zu sichern.

Bei Abschluss des Mietvertrags ist darauf zu achten, dass dieser unter die aufschiebende Bedingung der vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung des Praxisübernehmers gestellt wird. Diese Zulassung kann nicht im Wege des Praxiskaufs vom Praxisgeber übernommen werden, sondern ist eigenständig bei der zuständigen Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung (KV) zu beantragen.

Bestehende Arbeitsverträge gehen gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf den Käufer über, soweit ein Betriebsübergang vorliegt. Aufgrund des engen Zeitrahmens zwischen Abgabe und Übergabe der Praxis wird dies in der Regel der Fall sein. Kündigungen aus Anlass des Praxiskaufs sind dann nicht zulässig. Der Käufer sollte sich daher umfassend über die bestehenden Arbeitsverhältnisse informieren, auch über ruhende Verträge wie etwa aufgrund von Krankheit, Mutterschutz oder Elternzeit.

Darüber hinaus müssen auch andere Verträge, etwa Leasing- oder Wartungsverträge für medizinische Geräte sowie Versicherungen, geprüft werden. Es empfiehlt sich, die bestehenden Versicherungen hinsichtlich ihres Umfangs und der Deckungssummen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Fehlende Versicherungen sollten rechtzeitig abgeschlossen werden. Soll eine bestehende Police gekündigt werden, kann häufig auf ein Sonderkündigungsrecht zurückgegriffen werden, dass viele Versicherer im Falle eines Praxiserwerbs dem Käufer gewähren.

II. Auflösung

Bei der Auflösung einer Praxis steht die rechtlich korrekte Abwicklung und
Beendigung aller bestehenden Rechtsverhältnisse im Mittelpunkt. Besonderheiten
für (Zahn-)Ärzte ergeben sich hierbei hinsichtlich Zulassung und
Datenschutzanforderungen.

1. Verträge auflösen

Die ordnungsgemäße Kündigung von Verträgen ist ein zentraler Bestandteil der Praxisauflösung. Falls die vereinbarten Kündigungsfristen nicht eingehalten werden können, spielen neben der außerordentlichen Kündigung vor allem Sonderkündigungsrechte eine Rolle.

Bei Mietverträgen können solche Rechte bereits bei Vertragsschluss vereinbart werden. Wichtig ist, dass die Szenarien, die ein Sonderkündigungsrecht auslösen – wie etwa die Auflösung einer Praxis – im Vertrag konkret festgelegt werden. Für Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren besteht zudem ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht, unabhängig von den vertraglichen Regelungen. Sollte kein Sonderkündigungsrecht bestehen, kann ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag angestrebt werden.

Für andere Verträge wie Versicherungen, Leasing- oder Wartungsverträge muss individuell geprüft werden, ob Sonderkündigungsrechte bestehen. Aufgrund der Vielzahl an Verträgen kann es sinnvoll sein, diese von einem spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen, um Kündigungsfristen zu verkürzen und im Voraus gezahlte Beiträge zurückzufordern.

2. Wahrung des Datenschutzes über die Auflösung hinaus

 Berufsrechtliche Aufbewahrungspflichten gelten auch nach der Praxisauflösung fort. Die gesetzliche Aufbewahrungsfrist für (zahn-)ärztliche Behandlungsunterlagen beträgt zehn Jahre nach Abschluss der Behandlung (§ 630f Abs. 3 BGB). Zusätzlich bestehen Aufbewahrungspflichten für andere Dokumente, wie Entsorgungsnachweise oder Lohnkonten.

Werden die Dokumente zur Aufbewahrung an einen Dritten übergeben, sind die Anforderungen der Schweigepflicht weiterhin zu wahren. Grundsätzlich darf der Dritte die Akten nicht einsehen, es sei denn, der Patient hat ausdrücklich seine Einwilligung dazu erteilt.

3. Rückgabe der Zulassung

Mit der endgültigen Beendigung der (zahn-)ärztlichen Tätigkeit muss der Verzicht auf die Zulassung gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärt werden. Dabei sind die Fristen der Kassenärztlichen Vereinigung zu beachten, die jedoch in bestimmten Fällen, wie etwa bei Unzumutbarkeit der Fortführung der Tätigkeit, verkürzt werden können. Die entsprechenden Verzichtsformulare sind auf den Webseiten der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verfügbar.

Fazit

Mit einer sorgfältigen Planung und rechtlicher Expertise wird die Praxisübernahme oder -auflösung zu einem erfolgreichen und sicheren Schritt. Durch die richtige Beratung können potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und vermieden werden.

Sie haben Fragen zu diesem Thema? Melden Sie sich gerne bei uns und wir helfen Ihnen weiter.

Björn Papendorf, LL. M.
Dr. Tobias Witte
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